1.1.08

Bernhard Jaumann: Die Vipern von Montesecco

Matteo Vannoni kommt aus dem Gefängnis, kommt zurück nach Montesecco - 15 Jahre hat er gesessen, weil er seine Frau Maria erschossen hat, als er sie mit Giorgio Lucarelli erwischt hat.
Montesecco ist das Dorf, im Hinterland der Adria, die geballte Hitze drückt auf die Dächer, die Fensterläden sind geschlossen, und gegen Abend trifft man sich auf der Piazetta unterm Kirchenportal, auf dem Balcone. Hier schlägt das Herz des Dorfes. Hier sitzen sie, essen, trinken, reden: Ivan Garzone , Marta Garzone, die Barpächterin, Angelo Sgreccia, der Lastwagenfahrer, Benito, Curzio und all die anderen.
Sie reden und fragen sich, wie es sein wird, wennn Matteo seinen Nebenbuhler Giorgio wiedertrifft.

Und dass man sich treffen wird, ist sicher. Denn in Montesecco leben nur noch ein paar Dutzend Menschen, siebenundzwanzig, um genau zu sein. Alle anderen sind weggezogen, vor Jahren schon, nach Mailand und Turin, Deutschland oder Belgien, auf der Suche nach Arbeit. Die Schwefelmine ist geschlossen, die Läden haben pleite gemacht, die Schule ist aufgegeben und das einzige, was hier noch wächst in Montesecco ist die Zahl der Gräber auf dem Friedhof.

Zu dem bald das von Giorgio Lucarelli hinzukommen wird, der an diesem glutheißen Nachmittag von einer Viper gebissen wird. Es gibt viele Vipern in Montesecco, in diesem Sommer. Treibt die Hitze sie aus den Bergen herunter? Oder lockt sie das Böse, das die Dorfgemeinschaft bedroht? Denn nicht allein die Viper hat Giorgio getötet - es muss jemanden geben, der ihn hat sterben lassen, der ihn fand und keine Hilfe holte. Jemand, der ihn ermordet hat.
Mit einem Mörder kann man in einem Dorf wie Montesecco leben - aber nicht mit einem unaufgeklärten Mord. Und deshalb beschließt man gemeinsam, das Geheimnis um Giorgios Tod zu klären, das Geheimnis der Vipern von Montesecco.

Eine Dorfgeschichte, eine sehr europäische Geschichte. Dem analytischen Erzählungen von monströsen Serienmorden aus den amerikanischen Großstädten setzt Glauser-Preisträger Bernhard Jaumann sein poetisches Konzept der archaischen Dorfgemeinschaft gegenüber. Das Leben, die Liebe der Tod - nicht mehr und nicht weniger braucht er als Material für seine elegant zwischen Lebensfreude, Komik und dramatischem Gottesgericht schwebende Geschichte aus Montesecco.

Bernhard Jaumann:
Die Vipern von Montesecco
Gustav Kiepenheuer

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